Der Druck der Gewerbetreibenden im endlos andauernden Wegsperren (“Lockdown”) wird immer größer. Mehrere Klagen von Gastronomen und Einzelhändlern sind bereits angekündigt worden. Da die versprochenen Entschädigungen und Hilfszahlungen nicht ankommen, stellt sich zunehmend die Frage nach Schadensersatz.
Während es häufig schwierig ist, Entschädigungszahlungen für Betriebsschließungen aufgrund einer Notstands-Verordnung zu erhalten, kommt nach dem neuesten Beschluss der sogenannten Ministerpräsidentenkonferenz vom 3. März 2021 ein Schadensersatz aufgrund (vorsätzlicher) Schädigung im Wege der Staatshaftung in Betracht.
Der Beschluss stellt gleich zu Beginn fest: “Die täglichen Meldezahlen zeigen, dass die Anstrengungen der letzten Monate sich gelohnt haben und niedrigere Inzidenzen erreicht werden konnten. Das hat das Gesundheitssystem spürbar entlastet und zu sinkenden Todeszahlen geführt.”
Nach § 28a Abs. 3 S. 1 IfSG steht bei der Auswahl der Maßnahmen die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems im Vordergrund. Dieses ist klar erkennbar derzeit nicht gefährdet. Die von der Bundesregierung angestellten Spekulationen über ein möglicherweise stärkeres Auftreten von Mutationen werden den rechtlichen Anforderungen des IfSG nicht gerecht. Zudem bleibt wiederum völlig offen, inwiefern sich der Betrieb von Gewerben auf das Infektionsgeschehen auswirken soll. Hierzu sind die Landesregierungen bislang jeglichen Nachweis schuldig geblieben.
Entsprechend haben auch die Länder Thüringen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen in ihrer Protokollerklärung zu dem Beschluss auf rechtliche Bedenken des Stufenplans hingewiesen. Sie nehmen auf die Rechtsprechung des OVG Lüneburg Bezug, das Zweifel am landesweit einheitlichen Vorgehen angemeldet hat (OVG Lüneburg, Beschluss vom 20.01.2021, 13 MN 10/21, Rn. 21):
“Dies allein rechtfertigt es aber nicht ohne Weiteres, für alle Personen in einem solchen Gebiet eine einheitliche Gefahrenlage anzunehmen und diesen gegenüber unterschiedslos generalisierende infektionsschutzrechtliche Maßnahmen zu treffen. Vielmehr können vorhandene oder zumutbar zu ermittelnde tatsächliche Erkenntnisse zum Infektionsgeschehen in dem betroffenen Gebiet zu einer differenzierten Betrachtung und zu unterschiedlichen infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen zwingen, etwa bei zu lokalisierenden und klar eingrenzbaren Infektionsvorkommen.”
Es zeichnet sich daher ab, dass ein regional differenziertes Vorgehen nach den örtlichen Gegebenheiten sowohl aufgrund von tatsächlichen Inzidenzen (also nachgewiesenen Infektionen und nicht nur Tests) und der Situation in den Krankenhäusern zu treffen ist. Die vom sächsischen Ministerpräsidenten in der Protokollerklärung vorgebrachte Verbindung von Öffnungen und Testkapzitäten findet im IfSG hingegen keine Stütze.
Aufgrund der nun bewusst gegen die tatsächliche Krankensituation und Infektionslage vorangetriebenen Schließungen von Betrieben steht eine vorsätzliche Schädigung im Raum. Gewerbetreibende sollten sich überlegen, ihre Schadenersatzforderungen für die vergangenen Monate gebündelt geltend zu machen. Gegen die neuere Verordnung sollte gegebenenfalls wieder geklagt werden, um sich nicht dem Vorwurf des unterlassenen Rechtsmittels auszusetzen.
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