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Bußgelder zur Maskenpflicht im Einzelhandel

[Update vom 18. Oktober 2020]

Im Zusammenhang mit der Maskenpflicht während der Corona-Krise bestehen erhebliche Unsicherheiten über die rechtlichen Vorgaben. Gerade beim Einkaufen treffen Personen, die keine Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) tragen, häufig auf Unverständnis.

In den Bundesländern gelten ganz unterschiedliche Regelungen, in welchen Fällen Kunden keine MNB tragen müssen, und welche Konsequenzen bei einem Verstoß gegen die Tragepflicht bestehen.

Auch die Inhaber von Geschäften haben unterschiedliche Pflichten, wenn ihre Kunden ohne MNB einkaufen. Sie sind sich oft unklar darüber, ob ihnen ein Bußgeld droht, weil ein Kunde sich ungerechtfertigt weigert, eine MNB zu tragen.

Die folgende Übersicht zeigt, in welchen Bundesländern die Gefahr eines Bußgelds für Kunden oder Ladeninhaber besteht.

Update v. 18.10.2020: Die Pflichten zur Mund-Nasen-Bedeckung wurden teilweise ausgeweitet. Die bestehenden Verordnungen wurden meistens ohne größere Änderungen verlängert.

BundeslandKunden
Ausnahme
Kunden
Bußgeld
Geschäft
Pflichten
Geschäft
Bußgeld
Baden-
Württemberg
§ 3 Abs. 2  
sonstige Gründe; Glaubhaftmachen i.d.R. durch Attest
§ 19 Nr. 2  
50 – 250 EUR
Regel: 70 EUR
§ 4 Abs. 1 Nr. 8   Information
über MNB
Nein
Bayern§ 1 Abs. 2   Glaubhaftmachen
§ 24 Nr. 5  
250 EUR
   Nein    
Berlin§ 4 Abs. 4    
§ 12 Abs. 3 Nr. 6  
50 – 500 EUR
 Nein
Brandenburg§ 2 Abs. 3  
Attest
§ 13 Nr. 1a  
Bei Vorsatz
50 – 250 EUR
§ 3 Abs. 1 Nr. 4,
§ 5 Abs. 1  
Einhaltung Sicherstellen
Nein
Bremen§ 3 Abs. 3  § 23 Abs. 1 Nr. 2b   50-150 EUR nach vollziehbarer Anordnung Nein
Hamburg§ 8 Abs. 1   Glaubhaftmachen§ 39 Abs. 1 Nr. 18, 19   150 EUR§ 8 Abs. 2   Verweigerung des ZutrittsNein
Hessen§ 3 Abs. 2 i.V.m.
§ 1 Abs. 6 S. 3  
§ 8 Nr. 5  
200 EUR
 Nein
Mecklenburg-VorpommernAnlage 1 Ziff. I.5.   Attest
§ 11 Abs. 2 S. 3  
50 – 150 EUR
Anlage 1 Ziff. II.4   HausverbotJa
Niedersachsen§ 3 Abs. 6  
Attest
§ 19 Abs. 1  
100 – 150 EUR
§ 3 Abs. 7  
Auf Einhaltung hinwirken
Ja
Nordrhein-
Westfalen
§ 2 Abs. 3 S. 2  
Attest
§ 18 Abs. 2 Nr. 2  
50 EUR
§ 2 Abs. 3 S. 5   Ausschluss
Nein
Rheinland-
Pfalz
§ 1 Abs. 4  
Attest
§ 23 Nr. 13  
50 EUR
 

Nein
Saarland§ 2 Abs. 2    § 11 Abs. 1  
50 – 150 EUR
§ 2 Abs. 3   Einhaltung sicherstellenJa   Bis 500 EUR
Sachsen§ 2 Abs. 7 S. 3 i.V.m.
§ 1 Abs. 2 S. 4  
Attest
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 lit. d)   Bei Vorsatz: 60 EUR Nein
Sachsen-Anhalt§ 1 Abs. 2 S. 2   GlaubhaftmachenNein§ 7 Abs. 4   Überwachung HausverbotNein
Schleswig-
Holstein
§ 2 Abs. 5 S. 2   Glaubhaftmachen§ 21 Abs. 2 Nr. 2  
Bei Vorsatz: 150 EUR nach mehrfacher Aufforderung
§ 8 Abs. 3 S. 2   Erforderliche MaßnahmenNein
Thüringen§ 6 Abs. 3  
„andere Gründe“ Glaubhaftmachen
§ 14 Abs. 3 Nr. 8  
60 EUR
 Nein
Regelungen, wenn Kunden beim Einkaufen keine MNB tragen. Stand: 18. Oktober 2020

Erläuterungen

1. Kunden-Pflicht

In allen Bundesländern haben Kunden die Pflicht, in Geschäften eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Nicht erforderlich ist es, eine Gesichtsmaske zu tragen, die gegen Viren schützt.

In der ersten Spalte der Übersicht finden sich die Paragraphen der Ausnahmen von der MNB-Pflicht. Der Link zu den Verordnungen und der Text der Ausnahmeregel sind für jedes Bundesland unten im Anhang zu finden.

Die meisten Bundesländer sehen vor, dass Kinder unter 6 Jahren keine MNB tragen müssen. Soweit in der Spalte kein besonderer Hinweis steht, gilt die MNB-Pflicht nicht für Personen, die aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung oder einer Behinderung keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen können bzw. für die dies unzumutbar ist. Nachweise oder Begründungen müssen dort nicht erbracht werden.

In einigen Bundesländern gilt die Befreiung, wenn die gesundheitliche Beeinträchtigung oder Behinderung „glaubhaft“ gemacht wird. In Sachsen-Anhalt ist definiert, dass unter Glaubhaftmachung z.B. eine plausible mündliche Erklärung, ein Schwerbehindertenausweis, oder eine ärztliche Bescheinigung zu verstehen ist.

In Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen wird verlangt, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung durch ein ärztliches Attest glaubhaft gemacht wird. Wichtig zu verstehen ist, dass die Nachweispflichten gegenüber Ordnungsbehörden bestehen, die die Einhaltung der Vorschriften überwachen. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Anordnung, die Privaten keine Kontrollbefugnisse einräumen dürfte.

Baden-Württemberg sieht auch „sonstige zwingende Gründe“ vor. Dies können auch nicht-gesundheitliche Gründe sein, wenn sie das Tragen der Maske für den Träger unzumutbar machen. Die gesundheitlichen Gründe sind „in der Regel“ durch ein Attest zu belegen. In Thüringen sind „andere Gründe“ der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit ebenfalls ausdrücklich erwähnt.

2. Bußgelder für Kunden

Die Regelungen für Ordnungswidrigkeiten der Kunden bei ungerechtfertigten Verstößen gegen die MNB-Pflicht finden sich in der zweiten Spalte. Soweit ein Bußgeldkatalog die Höhe des Bußgeldes festlegt, ist dieses aufgeführt.

Nur noch Sachsen-Anhalt hat für Kunden keine Ordnungswidrigkeit vorgesehen.

Einige Bundesländer verlangen für die Ordnungswidrigkeit ein vorsätzliches Handeln des Kunden („bei Vorsatz“). Vergessen oder Unachtsamkeit des Kunden scheiden dort aus, um die Ordnungswidrigkeit zu erfüllen.

Schleswig-Holstein verlangt, dass eine Ordnungsbehörde zunächst zum Tragen der MNB auffordert, bevor ein Bußgeld verhängt werden darf. In Bremen ist eine vollziehbare Anforderung erforderlich.

Zur Ordnungswidrigkeiten von Kunden siehe auch den Leitfaden Was tun bei Masken-Bußgeldern?

3. Pflichten der Inhaber

In der Rechtspraxis relevant ist vor allem die Frage, inwiefern der Inhaber eines Geschäfts gegen seine Kunden vorgehen muss, die keine MNB tragen.

In den meisten Bundesländern beschränkt sich die Pflicht zum Tragen der MNB auf den Kunden. Es ist daher dort nicht die Verantwortung von Ladeninhabern, als Privatperson staatliche Auflagen gegen andere durchzusetzen.

Die Pflichten des Ladeninhabers sind dort, wo sie bestehen, sehr schwammig formuliert. In Schleswig-Holstein sind „erforderliche Maßnahmen“ zu treffen. In Brandenburg und im Saarland ist die Einhaltung der MNB-Pflicht „sicherzustellen“. In Niedersachsen haben die Betreiber auf die MNB-Pflicht „hinzuweisen und auf die Einhaltung dieser Pflichten hinzuwirken“. Was darunter zu verstehen ist, bleibt unklar. Man kann jedoch davon ausgehen, dass der Ladeninhaber auf die Tragepflicht hinzuweisen und bei berechtigten Zweifeln nachzufragen hat, warum jemand keine MNB trägt. In Baden-Württemberg müssen Inhaber ausdrücklich nur rechtzeitig und verständlich informieren.

Weitergehende Pflichten dürften dem Ladeninhaber nicht zuzumuten sein, schon da er regelmäßig weder die Expertise zum Prüfen der Ausnahmen hat noch zur Einsichtnahme von Attesten befugt ist.

Verstößt jemand gegen die MNB-Pflicht, ohne berechtigte Gründe glaubhaft zu machen, soll dies in einigen Bundesländern zu einem Hausverbot oder einem Ausschluss des Kunden aus dem Geschäft münden (Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt). Dies ist jedoch rechtlich eine sehr problematische Anforderung, weil dadurch in sehr unverhältnismäßiger Weise in das Wirtschaftsleben von Privatpersonen eingegriffen wird.

4. Bußgelder gegen Inhaber

Aufgrund der zweifelhaften Rechtslage zur Verpflichtung von Ladeninhabern sehen die meisten Bundesländer bei Verstößen gegen deren Pflichten in Bezug auf die MNB der Kunden keine Sanktionen vor. Davon unbenommen bleiben Ordnungswidrigkeiten, soweit Ladeninhaber oder ihre Angestellten selbst gegen etwaige MNB-Pflichten oder andere Hygieneauflagen verstoßen.  

Lediglich in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und im Saarland sind Ordnungswidrigkeiten vorgesehen, wenn den Ladeninhabern nachgewiesen werden kann, dass sie ihre Pflichten in Bezug auf Kunden, die unberechtigt keinen MNB getragen haben, verletzt haben.

Anmerkung: Diese Übersicht stellt die rechtlichen Anforderungen dar, wie sie sich aus den Rechtsverordnungen ergeben. Die Landesverordnungen in den aktuellen Fassungen begegnen jedoch erheblichen juristischen Bedenken. Es bestehen Zweifel, inwieweit die Anordnungen und die Bußgelder überhaupt mit rechtstaatlichen Grundsätzen und den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes vereinbar sind.


Rechtlicher Hinweis

Wir haben uns bemüht, die Vielzahl der verschiedenartigen Regelungen übersichtlich darzustellen. Die Übersicht soll eine erste Orientierung bieten, kann aber eine Rechtsberatung im Einzelfall nicht ersetzen. Für verschiedene Lebensbereiche gelten unterschiedliche Regelungen und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Norm sich nach Veröffentlichung verändert oder hier übersehen bzw. falsch interpretiert wurde.

Informieren Sie sich daher bitte anhand der amtlichen Bekanntmachungen der Länder, welche Pflichten Sie haben und welche Sanktionen für Verstöße gelten.

Halten Sie sich an die gesetzlichen Vorgaben!

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