Viele Bürger werden mit den neuen Regelungen zu den Corona-Maßnahmen erstmals in ihrem Leben mit Ordnungswidrikgeiten konfrontiert. Dieser Artikel gibt Hinweise über die ab 11. Januar 2021 in Sachsen geltenden Regelungen. Ähnliche Regeln bestehen in den anderen Bundesländern. Betrachtet werden Bußgelder zur Maskenpflicht, Ausgangssperren und Geschäftsschließungen.
Die neue Corona-Schutz-Verordnung des Freistaats Sachsen gilt ab 11. Januar 2021 und führt die vor Weihnachten auferlegten Beschränkungen aller Lebensbereiche fort. Weiterhin wird übermäßig stark in die Freiheitsgrundrechte der Bürger eingegriffen. Mit Blick auf die sehr flach verlaufende Pandemie ist dies kaum noch verständlich.
Im Folgenden wird auf die drei Kernbeschränkungen eingegangen und darauf, wie Bürger sich gegen etwaige Bußgeldandrohungen wehren können. Damit werden die allgemeinen Ausführungen zum Vorgehen gegen Bußgeldbescheide durch Einspruch (im Volksmund oft Widerspruch genannt) ergänzt.
Generelles Vorgehen gegen Bußgeldbescheide
Vermehrt werden Bußgeldverfahren gegen Bürger eröffnet, die keine Maske getragen oder gegen die Ausgangssperre verstoßen haben sollen. Zumindest erhalten sie einen Anhörungsbogen wegen einer angeblichen Ordnungswidrigkeit. Oft ist jedoch die Rechtslage zum Maskentragen im öffentlichen Raum und zu den Ausgangsbeschränkungen unklar. Deshalb sollte man mit der Beantwortung des Anhörungsbogens vorsichtig sein. Strategisch ist es sehr häufig günstiger, auf den Bußgeldbescheid zu warten und gegen diesen notfalls Einspruch einzulegen. In vielen Fällen könnte bereits mangels Tatsachengrundlage das Bußgeldverfahren eingestellt werden.
Man sollte spätestens mit dem Einspruch, aber möglichst auch schon bei Erhalt der Anhörung Akteneinsicht beantragen. Dringend würde ich die Beauftragung eines Anwalts empfehlen, in jedem Fall, wenn man eine Rechtsschutzversicherung hat. Leider kennen sich viele Staats- bzw. Amtsanwälte und Richter nicht genügend mit den Vorschriften zum Infektionsschutz aus. Deshalb muss man sie auf die Rechtslage hinführen. Auch ist es notwendig, zu den Voraussetzungen des § 28a Infektionsschutzgesetz (IfSG) geeignete Beweisanträge zu stellen.
Bußgelder zu Mund-Nasen-Bedeckungen
Nach § 73 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c) Sächsische Corona-Schutz-Verordnung handelt ordnungswidrig, wer fahrlässig oder vorsätzlich entgegen der Verordnung keine Mund-Nasenbedeckung trägt und keine Ausnahme vorliegt. Vorgeschrieben ist nach § 3 der Verordnung die Mund-Nasenbedeckung im öffentlichen Raum, “wenn sich Menschen begegnen”.
Der Begriff “öffentlicher Raum” ist ein sogenannter unbestimmter Rechtsbegriff. Daher gibt die Verordnung in § 3 Abs. 1 eine Reihe von Regelbeispielen (“insbesondere”) vor, wo ein öffentlicher Raum anzunehmen ist. Unter anderem ist dies bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie in Läden und auf deren Parkplätzen der Fall.
Die Begründung zur Maskenpflicht ist (wie bei allen Maßnahmen) sehr dürftig. Einzig wird darauf abgestellt, dass es keine gesicherten Erkenntnisse gäbe, dass Masken schädlich seien. Dies hält einer Grundrechtsprüfung selbstverständlich und den Anforderungen des § 28a IfSG nicht Stand.
Jedoch gibt es auch Lichtblicke in der Begründung: “Anders ist die Situation zum Beispiel in der freien Natur, insbesondere bei dem Spaziergang auf dem frei einsehbaren Feld oder im Wald zu bewerten” (S. 23). Hier wird also wenigstens festgestellt, dass man in der Natur keine Masken tragen soll.
Ausgenommen von der Maskenpflicht sind Fortbewegungen ohne Verweilen mit Fortbewegungsmitteln und sportliche Betätigung. Wer also joggend läuft, auf einem Tretroller durch den Supermarkt düst oder Kniebeugen in der Straßenbahn macht, muss keine Maske tragen. Sie merken, ich überspitze hier ein wenig, aber es zeigt, wie sachfremd und rechtsunsicher die Regelungen sind.
Als weitere Ausnahme gilt nach wie vor: “Menschen mit Behinderung und solche mit gesundheitlichen Einschränkungen können, sofern sie nicht dazu in der Lage sind, auf das Tragen der Mund-Nasenbedeckung verzichten. Es ist zulässig, im Kontakt mit hörgeschädigten Menschen, die auf das Lesen von Lippenbe-wegungen angewiesen sind, zeitweilig auf die Mund-Nasenbedeckung zu verzichten” (§ 3 Abs. 2). Kinder unter 6 Jahren sind ebenfalls ausgenommen, wobei für die Ordnungswidrigkeit natürlich weiterhin gilt, dass Kinder unter 14 Jahren nicht schuldfähig und Heranwachsende eingeschränkt schuldfähig sind.
Zur Ausnahme aus gesundheitlichen Gründen heißt es: “Absatz 3 stellt darüber hinaus klar, dass zum Nachweis der Befreiung von der Tragepflicht die Vorlage eines ärztlichen Attests, das von einer approbierten Ärztin bzw. einem approbierten Arzt ausgestellt worden ist, genügt. Eine gesonderte Begründung der Ärztin bzw. des Arztes ist dabei aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erforderlich. Dem Betroffenen kann nicht zugemutet werden, fremden Personen die Diagnose zu offenbaren, zumal es sich bei diesen Personen nicht um medizinisch geschultes Personal handelt.” (S. 24 Begründung der Corona-Schutz-Verordnung). Dies entspricht der Rechtslage durch neuere Gerichtsurteile aus anderen Bundesländern, die eine Begründung im Attest nicht verlangen.
Für die Ordnungswidrigkeit gilt jedoch nach wie vor, dass ein Attest nur eine Möglichkeit der Glaubhaftmachung ist. Gegenüber dem Gericht können andere Formen der Glaubhaftmachung ebenfalls genügen. Was gesundheitliche Gründe sind, die eine Befreiung von der Maskenpflicht erlauben, ist nicht definiert und wird auch in der Begründung nicht mehr dargestellt. Daher muss man auf die vorherige Fassung vom 27.11.2020 zurückgreifen, wo die Gründe wie folgt aufgezählt waren: “Personen, die aufgrund körperlicher, geistiger, psychischer oder Sinnesbeeinträchtigung oder einer Vorerkrankung nicht in der Lage sind, eine Mund-Nasenbedeckung zu tragen, sind von der Tragepflicht ausgenommen.”
Zudem ist auf eine Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts hinzuweisen, die klargestellt hat, dass die Maske jederzeit zum Luftholen abgenommen werden darf.
Wie Sie sehen, gibt es jede Menge Möglichkeiten, einen Bußgeldbescheid abzuwehren. Entscheiden ist eben, wie der Tatvorwurf im Bußgeldbescheid formuliert und wie laut Akten die Beweislage ist. Je weniger Angaben Sie gegenüber den Behörden machen, desto weniger hat der Staat in der Hand.
Bußgelder wegen Ausgangsperren
Juristisch grotesk ist die Auflage, das Haus nur aus triftigen Gründen zu verlassen, und die zeitlichen Einschränkungen dieser Gründe. Es ist aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar, was diese Auflagen mit dem Infektionsschutz in einer (heftigen) Grippewelle zu tun haben sollen. Die Verordnung begründet die Geeignetheit und Erforderlichkeit dieser Maßnahmen entgegen § 28a IfSG mit keiner Silbe. Leider sind Richter oft zu verständnisvoll, wenn es um behördliche Freiheitsbeschränkungen geht. Daher muss man sich auch hierzu argumentativ vorbereiten, obwohl die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen nicht größer sein könnten.
Die triftigen Gründe werden in § 2c und für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr in § 2d aufgezählt. Diese Gründe sollte man sich in Ruhe zu Gemüte führen. Wer dann noch befürchtet, zu einem Bußgeld verurteilt zu werden, hat sehr schwache Nerven.
Entscheidend ist auch hier, dass man den Polizei- und Ordnungsbehörden gegenüber keine Angaben zur Sache macht. Da hier eine Ordnungswidrigkeit im Raum steht, ist man potenziell Beschuldigter und kann damit Angaben zum Sachverhalt verweigern, ohne dass dies einem zum Nachteil gereichen darf. Allenfalls könnte man in einer Polizeikontrolle angeben, “einen triftigen Grund zu haben”. Mehr sollte man nicht dazu sagen. Es ist grundsätzlich Sache des Staates, die Tatbestandsvoraussetzungen zu beweisen, also auch, dass kein triftiger Grund vorlag. Der Polizeibeamte muss dann entscheiden, ob er in der Lage ist, dies zu tun.
Allerdings kann der Polizeibeamte einen nach Hause schicken, wenn man keine Gründe benennt. Einer solchen Anordnung sollte man sodann Folge leisten, da dies eine “vollstreckbare Anordnung” im Sinne des IfSG darstellen kann. Damit hätte der Polizist einen gesonderten Tatbestand geschaffen, falls seine Anordnung rechtmäßig ist.
Bußgelder wegen Geschäftsschließungen
Sehr viel Unmut bei den Bürgern hat der harte Lockdown verursacht, der von der Politik ursprünglich als nicht notwendig erachtet wurde. Gerade die Gewerbetreibenden werden durch die Zwangsschließungen stark getroffen. Kleine Läden, Selbständige, Restaurants, Cafés und Bars sind in ihrer Existenz bedroht. Im Netz formiert sich unter dem Stichwort “Wir machen auf” Widerstand. Gewerbetreibenden wollen sich über die Anordnung zur Schließung hinwegsetzen und ihre Geschäfte wieder öffnen.
Auch in Bezug auf eine nicht erlaubte Öffnung eines Geschäfts drohen Bußgelder. Die Sachlage der Öffnung ist für die Ordnungsbehörden naturgemäß leicht feststellbar. Viele Gewerbetreibende wollen es jedoch darauf ankommen lassen, weil sie finanziell ohnehin mit dem Rücken zur Wand stehen. Die Bußgelddrohung von bis zu 25.000 EUR nach dem IfSG und die mit einer Ordnungswidrigkeit verbundenen potenziellen Gewerbeverbote kann sie offenkundig auch nicht mehr abschrecken. In Sachsen gibt es einen Bußgeldkatalog, der die unerlaubte Öffnung bis zum 10. Januar 2021 mit einem Regelsatz von 500 EUR bebußt (dieser Regelsatz ist für die Gerichte nicht bindend, gibt aber einen Orientierungsmaßstab vor). Eine Strafbarkeit droht regelmäßig nicht, weil eine Übertragung von Krankheiten durch die Öffnung selbst kaum vorliegen wird.
Aber auch hier ist eine Verurteilung nicht zwingend. Im Ordnungswidrigkeitenverfahren muss die Rechtmäßigkeit der Verordnung inzident geprüft werden. Es bestehen im Hinblick auf die Gewerbefreiheiten erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken und auch aus europarechtlicher Sicht sind die Verordnungen nicht wasserdicht.
Schließlich ist die Regelung zu den Geschäftsschließungen nach § 4 der Verordnung detailreich. Es gibt durchaus jede Menge Betriebe, die geöffnet haben dürfen. Hier ist gegebenenfalls eine Umwidmung oder Teilöffnung eines Geschäfts bzw. Gewerbes eine Möglichkeit, zumindest einen Umsatz zu verwirklichen, der die Fixkosten des Betriebs einnimmt. Gegebenenfalls ist eine ergänzende Gewerbeanmeldung zu beachten.
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Hallo, ich hätte da mal eine Frage: wie lang ist die Verjährungsfrist?
Je nachdem, auf welcher Vorschrift die Ordnungswidrigkeit beruht (Landesrecht, IfSG, welcher Zeitpunkt) zwischen sechs Monaten und drei Jahren.